>> Schmelztiegel

Jüdischer Überlebenskampf zwang das Publikum zum Nachdenken Stück "Er sitzt am Schmelztiegel" in der Friedenskirche machte betroffen.
Betretendes Schweigen herrschte in der Kirchberger Friedenskirche. Aufgeführt wurde das Theaterstück "Er sitzt am Schmelztiegel - meine Kraft ist in den Schwachen mächtig". Das Schauspiel, das1938 entstand, wurde von Kaj Munk, dänischer Pfarrer und Schriftsteller, der ein paar Jahre später, am 4. Januar 1944 durch ein SS-Kommando ermordet wurde.

Das Szenario, die Schrecken und Nachwirkungen des Nazi-Regimes lösen auch 60 Jahre danach noch Ohnmacht und Betroffenheit aus. Doch wen erreichte diese Botschaft in Form eines jüdischen Überlebenskampfes in Theaterform? Es waren offensichtlich wieder nur diejenigen zugegen, die sich sowieso mit dem Thema befassen. Klein war das Häufchen der Zuschauer in der Friedenskirche, die sich bewußt auf das Stück einzulassen bereit waren.

Dabei waren die Darsteller zweifellos echte Könner, die Dialoge wurden perfekt gemeistert, die Aktualität der Themen war verblüffend, Gewaltbereitschaft gestern und heute. Die Kulisse betont nüchtern, dünne Blechgestalten, die im Schatten des Lichts bedrohliche Gestalt annehmen, ein überdimensionaler Spiegel, der die schweigende Frage an die Bühnenpersonen und Zuschauer gleichermaßen richet, wie steht es mit dem Mut zur Klarheit.

Die Handlung will aufrütteln, zwingt den Zuschauer zum Nachdenken. Die Grundkonflikte werden bewusst gemacht, unwillkürlich kommt es zur Überlegung, wie hätte ich jetzt an dieser Stelle gehandelt. Das Schauspiel führt dem Zuschauer eindrucksvoll den Überlebenskampf jüdischer Menschen vor Augen. Die ständige Angst vor der Entdeckung, das bange Hoffen, allem zu entkommen.



Quelle: 25.11.1998 - 25.11.1998, Rhein-Hunsrück-Zeitung Nr. 274 - Gisela Wagner
Foto: Gisela Wagner